Es gilt die Unschuldsvermutung

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Urs von der Crone Präsident ds-SVP Tessin

Urs von der Crone
Präsident ds-SVP Tessin

Ich komme gelegentlich in Visp im Kanton Wallis vorbei. Ob ich dort die Strasse Richtung Zermatt nehme oder im Zug der Matterhorn-Gotthard-Bahn sitze, jeweils am Dorfausgang fällt mir direkt an der Strasse ein grösseres Schulhaus mit der Aufschrift „Primarschulhaus Sepp Blatter“ auf. Die Walliser sind stolz auf ihren Sohn. Hier hat er die Schulbank gedrückt und wohl auch mit seinen Schulkameraden Fussball gespielt. Noch heute ist er mit fast allen Vispern per „Du“. Der Visper Sepp hat den grossen Schritt in die Welt hinaus gemacht und erreicht, was nur wenigen aus seinem Dorf vergönnt war. Im vergangenen Jahr hat seine Karriere ein jähes Ende gefunden. Was hat er denn getan?

 

Er hat einen weltumspannenden Fussballverein, die FIFA gross, finanziell stark und einflussreich gemacht. Dafür wird man normalerweise geehrt und nicht abgestraft. Er geniesst in Fussballkreisen grosse Unterstützung, allerdings mehrheitlich bei Fussballverbänden ausserhalb von Europa. Er hat, wie es in solchen Positionen oft geschieht, Mühe loszulassen und die Macht aus den Händen zu geben. Und nun dies: Die Ethik-Kommission der FIFA, die er selber ins Leben rief, hat ihn aus Amt und Würde gestossen und dies gleich für mehrere Jahre.

 

Was hat er verbrochen? Er hat kein unsauberes Geld angenommen, sondern einfach eine grössere Summe für angeblich erbrachte Leistungen an seinen einstigen Freund und Weggefährten Michel Platini ausbezahlt. Ein schriftlicher Vertrag für diese Leistungen ist angeblich nicht vorhanden. Ein mündlicher hingegen ist sehr wohl abgeschlossen worden – und mündliche Verträge sind ja bekanntlich bei uns auch einzuhalten. Was an den Vorwürfen wahr ist und was nicht, das werden die Gerichte entscheiden müssen. Fest steht: Wo man von Sepp Blatters Schicksal spricht, kommt Schadenfreude an den Tag. Warten wir ab? In einigen Monaten werden wir wissen, ob der Neid gegen Erfolgreiche dahinter steckt oder ob da anderes zum Vorschein kommt.

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