Ein JA zur SVP-Initiative „gegen Masseneinwanderung“ liegt im europäischen Interesse
Wer das politische Geschehen innerhalb der EU schon nur marginal verfolgt, stellt eines fest: Die EU-Personenfreizügigkeit (und auch Schengen/Dublin) sind auf der Kippe. Selbst die EU-Staaten, welche die Prinzipien des freien Verkehrs von Gütern, Kapital und Personen zu ihren Grundpfeilern erklärt haben, beginnen selbst daran zu zweifeln, ob es mit dem freien Personenverkehr wirklich funktionieren kann. Gerade jene Staaten, die bereits Masseneinwanderungen verzeichnen und völlig zu Recht grosse weitere Masseneinwanderungen aus ärmeren EU-Staaten befürchten, geben nunmehr mit Vollgas Gegensteuer (Grossbritannien in primis, aber auch Deutschland und die nordischen EU-Staaten) und versuchen mit allen politischen Mitteln, ihre Einwanderung zu beschränken. Das ist für sie als EU-Staaten schwierig, weil sie an die Beschlüsse gebunden sind, die sie einst selber gemeinsam getroffen haben. Dessen ungeachtet ist vorweg wegen der Masseneinwanderung in Grossbritannien gar eine Volksabstimmung vorgesehen, aus welcher ein EU-Austritt resultieren könnte, in Deutschland denkt man unüberhörbar über eine künftige Lockerung der Personenfreizügigkeit nach, und in den nordischen EU-Staaten ist die Opposition gegen die Einwanderung evident. Alle diese EU-Staaten beneiden die Schweiz dafür, dass sie nicht in der EU ist und somit eigentlich, wenn sie es denn wollte, über eine geregelte, auf ihre Landesinteressen abgestimmte Einwanderung autonom bestimmen könnte. Aber tut sie es denn ?
Leider tut sie es zumindest vorläufig nicht !
Alle diese EU-Staaten beneiden die Schweiz dafür, dass unser Land, als Nicht-EU-Mitglied, dank ihrer direkten Demokratie mittels Volksentscheids ihre Immigrations-Probleme schlicht und einfach durch ein JA zur Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ auf ein national erträgliches Mass reduzieren könnte. Denn in den anderen EU-Staaten dürfen die Bürger gar nicht über solche Dinge abstimmen. Wir in der Schweiz dürfen’s gottlob für den Moment noch. Und wir sollten’s auch tun. In dieser Abstimmung sollten wir als echte Europäer Signale setzen für ein weiterhin lebenswertes Europa, das den sehr unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Staaten Rechnung trägt und nicht zu einem unverdaulichen europäischen Einheitsbrei ohne Zukunft verkommt. Deshalb sollten wir JA sagen zur Masseneinwanderungsinitiative.
Die Idee der europäischen Personenfreizügigkeit ist zwar ethisch OK, aber sie kommt viel zu früh
Das Prinzip des freien Personenverkehrs ist zwar ethisch begrüssenswert, aber es kommt viel zu früh. Die EU ist kein Bundesstaat und vorläufig nicht viel mehr als ein mehr schlecht als recht funktionierender Staatenbund. Jüngst funktioniert er eher schlecht (siehe Euro). Angesichts der Unterschiedlichkeit der einzelnen Beitrittsstaaten lässt sich dies nicht in ein paar Jahren verändern.
Betrachten wir im Vergleich zur EU doch einmal die Entwicklungsgeschichte unserer schweizerischen Eidgenossenschaft: Es bedurfte vieler Jahrhunderte, um aus den einzelnen souveränen Kantonen unterschiedlicher Sprache, Kultur und wirtschaftlichen Entwicklung einen Bundesstaat zu formen. Europa bzw. die EU, wo die Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten noch sehr viel grösser ist, kann dies nicht in ein paar Duzend Jahren schaffen, auch wenn eine ambitiöse EU-Kommission dies aus egoistischen Motiven krampfhaft erreichen möchte.
Will heissen: Die uneingeschränkte Personenfreizügigkeit innerhalb der EU ist an sich ein erstrebenswertes Ziel, das aber vorläufig an den viel zu unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen europäischen Realitäten scheitern wird. Das haben die „reicheren“ EU-Staaten längst festgestellt, nur kommen sie als EU-Staaten nicht aus ihren Verpflichtungen heraus: Sie müssen den Schaden aus ihrem eigenen EU-Beitritt und ihrer positiven Haltung zum ungebremsten Beitritt wirtschaftlich rückständiger Staaten zur EU, als EU-Mitglied, selber tragen. Nicht so die Schweiz.
Die Schweiz ist, als einer der wichtigsten EU-Partner (zumindest vorläufig !), NOCH NICHT EU-Mitglied, und sie ist deshalb keineswegs verpflichtet, für den Schaden aufzukommen, den sich die EU mit ihrer viel zu frühen Einführung der freien Personenfreizügigkeit selber eingebrockt hat.
Unser Land könnte in der gegenwärtig günstigen Situation mit vollem Recht und mit wachsender politischer Rückendeckung der „reichen“ EU-Staaten darauf drängen, ihre Bilateralen Verträge mit der EU punkto Personenfreizügigkeit zu ihrem besseren Vorteil neu zu verhandeln. Das hätte eine deutliche Signalwirkung auf die anderen EU-Staaten, die gegenwärtig mit den gleichen Problemen konfrontiert sind, wie sie heute die Schweiz kennt.
Aus diesem Grund, aus eigenem Landesinteresse und auch im Interesse einer zeitlich vernünftig gestalteten europäischen Einigung, sollten wir am 9. Februar 2014 JA stimmen zur SVP-Initiative „gegen Masseneinwanderung“. Gerade die überzeugten Europäer vieler Länder Europas würden uns dafür danken !
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