Gäste gesucht

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Urs von der Crone Präsident ds-SVP Tessin

Urs von der Crone
Präsident ds-SVP Tessin

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In den letzten Jahren ging die Zahl der Touristen, die in unserem Lande Ferien machen, stetig zurück. Von Ferien oder Urlaub kann man heute auch gar nicht mehr sprechen. Im Vordergrund steht der Besuch von Veranstaltungen und Events jeder Art. Der Gast möchte so wenige Tage wie möglich opfern und so viel wie möglich erleben. Ferientage dienen auch nicht der Erholung, ausspannen kann man ja dann nachher, wenn man wieder zuhause ist. Touristikfachleute glauben feststellen zu können, dass die Schweizer Städte heute immer mehr Gäste anlocken. Aufs Land oder in die Berge zu fahren sei aus der Mode gekommen. Dieser neue Trend hänge mit der veränderten Herkunft der Besucher zusammen. Touristen aus Asien und aus arabischen Ländern haben verständlicherweise andere Bedürfnisse als die bisher treuen Gäste aus Deutschland und anderen europäischen Staaten.

 

Einige Regionen versuchen heute mit Erfolg, die teilweise ausbleibenden deutschen Urlauber durch Gäste aus Asien zu ersetzen. Andere richten ihre Werbung endlich wieder mal klar auf die Kunden aus unserem eigenen Land. Eine Reihe von Ferienorten positioniert sich bewusst mit sportlichen oder kulturellen Aktivitäten. Ich frage mich, ob die anderswo angewendeten Rezepte so einfach auf die Tessiner Verhältnisse übertragen werden können? Wir sind doch in einer ganz anderen Situation. Wir leben in einer Übergangslandschaft mit dem ganz speziellen Reiz, dass hier der alpine und der mediterrane Charakter auf engstem Raum zusammentreffen. Dass inmitten der Seenlandschaft eine Landesgrenze verläuft interessiert die Besucher eigentlich herzlich wenig. Nur wir, die wir hier leben, haben ab und zu das Gefühl, uns abgrenzen zu müssen. Lassen wir doch die angeblichen Unterschiede mal beiseite und versuchen neue Angebote zu kreieren die die Eigenheiten unserer von der Natur und vom Menschen geprägten Landschaft ins Zentrum rücken.

 

Das Tessin ist eine Nische auf der touristischen Weltkarte. Vergessen wir die Gäste aus Asien, die in zehn Tagen ganz Europa gesehen haben müssen. Es gibt sie noch, die Individualisten, für die das Tessin ein Sehnsuchtsort ist. Hermann Hesse hat es treffend ausgedrückt: „Als ich einmal nach Asien fuhr, vor Jahren, kam ich im Schnellzug in der Nacht hier vorbeigefahren und wusste nichts. Ich fuhr nach Asien und es war damals sehr notwendig, dass ich es tat. Aber alles, was ich dort fand, das finde ich heut auch hier im Tessin: Urwald, Hitze, schöne fremde Menschen, Sonne, Heiligtümer. Man braucht so lang, bis man lernt, an einem einzigen Tag drei Erdteile zu besuchen. Im Tessin sind sie. Willkommen Indien! Willkommen Afrika! Willkommen Japan!“

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