Die EU ist nicht irreversibel

Lug 22 • Deutsche Seite, Prima Pagina • 1843 Views • Commenti disabilitati su Die EU ist nicht irreversibel

Eros N. Mellini

Eros N. Mellini

Editorial

Die Staaten unserer Welt waren stets von Zeit zu Zeit geprägt von Entwicklungen in Form von Zusammenschlüssen, und häufiger noch von Auflösungen. Letztere haben zur Autonomie von Regionen geführt, die zuvor zu einer Gemeinsamkeit gezwungen waren (die vielleicht seinerzeit wegen äusserer Umstände begründet war, dann aber angesichts veränderter politischer Verhältnisse sinnlos und gefährlich wurde). Zum Beispiel Jugoslawien: Ein Sammelsurium verschiedener und oft untereinander zerstrittener Völker, die sich – nach dem Abgang von Marschall Tito, der sie gewaltsam zusammen behielt – innerhalb von etwas mehr als 20 Jahren getrennt haben (ich persönlich habe mich stets darüber gewundert, dass es so lange gedauert hat). Dies teils auf friedlichem Wege, teils aufgrund richtiggehender Bürgerkriege; ein Prozess, der dann rechtlich und politisch die Staaten Serbien, Kroatien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kosovo etc. ins Leben rief. Ein anderes Beispiel: Die Tschechoslowakei. Sie hat sich ohne viel Aufhebens aufgeteilt in zwei autonome Republiken – die tschechische und die slowakische.  Hingegen bereitete der Zusammenschluss mit der DDR (Ostdeutschland) der BRD (Westdeutschland) einiges Kopfzerbrechen. Und was lässt sich über die Sowjetunion sagen, d.h. über die Loslösung verschiedener wieder autonom gewordener und dies dann teils auch gebliebener Republiken (zum Beispiel die baltischen Staaten, die Ukraine und Georgien)? Wobei letztere übrigens während einiger Zeit der GUS angehörten. Andere wiederum schlossen sich später aus wirtschaftlichen Gründen dieser Gemeinschaft Unabhängiger Staaten an, welche eher als Freihandelszone denn als Staatengemeinschaft zu betrachten ist. In Amerika schliesslich führte der Unabhängigkeitskrieg zur Unabhängigkeit der USA vom britischen Empire. Ein Jahrhundert später führte die Sezession der Südstaaten zu einem vierjährigen erbitterten Krieg, und nur der Sieg der Nordstaaten vermochte sie zu verhindern.

 

Heute stehen wir einer EU gegenüber, die ausgehend von löblichen Prinzipien (die Friedenssicherung in Europa) aber nur die Wirtschafts- und Handelsinteressen der Mitgliedstaaten mit einschloss – so dass sie denn ursprünglich auch „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ (EWG) hiess (der Wortteil „Wirtschafts-„ wurde unglückseligerweise 1992 mit dem Vertrag von Maastricht aus der Bezeichnung entfernt). Noch früher war diese EWG beschränkt auf die Bereiche Kohle und Stahl. Doch sie wurde nach und nach umgewandelt in einen politischen Moloch, dessen Unterdrückung der Völker der Mitgliedstaaten das erträgliche Mass bereits erreicht oder vielleicht gar überschritten hat.

 

Wenn wir das ursprüngliche Gebilde (die EGKS, d.h. die Montanunion) als Beginn der heutigen EU betrachten, ist es nach 64 Jahren offensichtlich, dass das Experiment mehr Misserfolge als Erfolge erzielte. Einige Staaten, namentlich die Nehmerländer, betrachten die nach dem Gieskannenprinzip ausgeschütteten Subventionen sicher als Erfolg – es handelt sich um finanzielle Beiträge, die nur dank einer unverantwortlichen Ausdehnung der Geldmenge möglich wurden, was die Wirtschaft der Geberländer auf die schiefe Bahn mit Absturzgefahr in den Abgrund brachte. Diese Verschwendung öffentlicher Gelder ist zweifelsohne mitverantwortlich für die aktuelle Krise von ganz Europa und hat zu einer erschreckenden Verschuldung und Arbeitslosigkeit in den meisten EU-Mitgliedstaaten geführt.  

 

Soll man die EU überdenken? NEIN, man sollte diese EU ganz abschaffen, d.h. auflösen und den einzelnen Staaten ihre legitime Autonomie zurück geben. Die Sowjetunion brauchte rund 70 Jahre, um sich ihrer Fehler bewusst zu werden und abzudanken. Warum sollte es für die Europäer länger dauern, bis sie sich der Fehlkonstruktion EU bewusst werden und sie ebenso abschaffen?

 

Aus nicht nachvollziehbaren Gründen betrachten sogar viele Euroskeptiker die EU als einen irreversiblen Prozess. Da könne man lediglich etwas korrigierend eingreifen, etwas Ordnung hinein bringen, aber ein Weg zurück…dies ja nicht, das sei unmöglich.

 

Man hat die Kolonialreiche zur Aufgabe gezwungen – insbesondere Grossbritannien, das unantastbar schien, aber auch Frankreich, Holland, Belgien, Deutschland – indem man in vielen Fällen – sich auf edle Prinzipien wie Freiheit und Emanzipation berufend – die sicher nicht zartbesaiteten Kolonialregimes durch korrupte und unfähige Diktaturen ersetzte. Aber man weigert sich heute, sich von einem künstlich und ohne jede demokratische Legitimation (d.h. ohne Zustimmung der Völker) geschaffenen Machtgebilde zu befreien und sich zu emanzipieren. Die angestrebte Loslösung von den Kolonialreichen galt als legitimes Anstreben der Emanzipation, wer aber heute für die Befreiung von der Brüsseler Unterjochung kämpft, dem wird fast Hochverrat vorgeworfen.

 

Aber Brexit hat Zeichen gesetzt, hat bewiesen, dass der Prozess reversibel ist. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Entscheid Schule machen und eine Kettenreaktion auslösen wird. Eine EU von nunmehr 27 Staaten, morgen noch deren 26, dann 25 und so weiter. Es würde ausreichen, dass immer mehr Staaten sich bewusst würden, dass ein allfälliges erpresserisches Njet zu Handelsbeziehungen mit Nicht-EU-Ländern seitens der EU – deren Ambitionen direkt proportional sind mit der Unfähigkeit einiger ihrer Köpfe (Juncker vor allem) – schädlicher ist als der schlicht und einfache Abschied von dieser unheilvollen Organisation.

 

Und dieser Prozess würde auch rascher erfolgen, wenn die europäischen Staaten etwas genauer und ohne Scheuklappen auf die Motive schauen würden, welche dieser unheilvollen Union zugrunde liegen. Ich bin grundsätzlich kein Verschwörer, aber als schlichter aussen stehender Betrachter erkenne ich einen Hegemonietraum, den Deutschland nie aufgegeben hat: Die Eroberung Europas. Ein Traum, der zweimal fehl schlug, als man es mit Gewalt versuchte, der aber heute aufgrund der heimtückischeren Waffe der wirtschaftlichen Überlegenheit über die anderen Staaten Realität werden könnte. Dies ausgerechnet dank der Komplizenschaft all jener, die in der EU stur nur positive Aspekte erkennen wollen.

 

 

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