Zu ziehende Lehren

Apr 20 • Deutsche Seite, Prima Pagina • 1102 Views • Commenti disabilitati su Zu ziehende Lehren

Eros N. Mellini

Editorial

Die Wahlen sind vorüber, und im Gegensatz zur jüngst in den anderen Kantonen zutage getretenen Tendenzen verzeichnete die SVP einen Erfolg, ja gar einen gewichtigen. Nach Milchbüchleinrechnung bedeutet der Gewinn von 2 Sitzen, von 5 auf 7, einen Zuwachs von 40%. Da gibt’s nichts zu mäkeln, der Erfolg ist unbestreitbar. Abgesehen von der Tatsache, dass die 7 Listenstimmen mehr als jene der Grünen, die uns den Erhalt des siebten Sitzes ermöglicht haben – was uns entschädigt für die rund 60 fehlenden, die uns 2015 den sechsten Sitz gekostet haben – sicher im einzelnen auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen sind, kommt der grösste Verdienst hauptsächlich sämtlichen Kandidaten zu, die schon alleine durch ihre Präsenz dazu geführt haben, dass deren Familienangehörige und Freunde die SVP-Liste gewählt haben. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber dies ist der einzige nachweisbare Faktor, wenngleich er für die einzelnen Personen nicht quantifizierbar ist. Und deshalb richten wir unseren Dank – selbstverständlich nebst jenem an die Wählerinnen und Wähler – an sämtliche unserer Kandidaten.

Eine allerdings hypothetische Analyse

Nach dieser Feststellung wagen wir es, eine Analyse anzustellen, die allerdings hypothetisch bleibt. Ich glaube zum Beispiel weiterhin, dass der Entscheid, Franco Denti als Kandidaten vorzuschlagen, kontraproduktiv gewesen ist und uns mehr Listenstimmen gekostet als Zugewinne eingebracht hat. Wer für ihn eingetreten ist wird dahingegen behaupten, dass gerade dieser Entscheid uns zumindest einen der beiden dazu gewonnen Sitze ermöglicht hat. Diese Thesen sind selbstverständlich legitim, bleiben aber, wie gesagt, beide hypothetisch.

Wagen wir es, eine weitere Analyse anzustellen. Wir verzeichneten einen Stimmenzuwachs in den drei Wahlbezirken Lugano, Bellinzona und Mendrisiotto, während es im Locarnese zu einem Rückgang kam. Sicher war man im Locarnese im Vergleich zu den anderen Wahlbezirken vielleicht weniger aktiv und öffentlich präsent, aber im Vergleich mit dem Bellinzonese und Mendrisiotto konnte man dort auf die treibende Kraft der hervorragenden Wahlkampagne von Roberta Soldati zählen. Ich glaube einfach, dass das Locarnese im Vergleich zu früher das Fehlen auf der Wahlliste von Gabriele Pinoja, unserer „Wahllokomotive“ in dieser Region, verspürt hat. Nicht, dass es Gabriele irgend etwas vorzuwerfen gälte, um Himmels Willen, er hat für die Politik und die Partei genügend geleistet, um seinen Entscheid zu legitimieren, aber eine Feststellung bleibt: Die Stimmen seines breiten Bekannten- und Freundschaftskreises waren ohne ihn nur teilweise auf die Partei und auf andere, auch wenn fähige Kandidaten, übertragbar. Nun haben Roberta Soldati und Daniele Pinoja vier Jahre Zeit, um sich kennen und schätzen zu lassen – was sie zweifellos tun werden – um der Partei auch zahlenmässig jene verlorenen Stimmen zurück zu bringen, welche infolge des Abgangs von Gabriele Pinoja zu einer sicher nur vorübergehenden Einbusse geführt haben.

Die Wahlkampagne war erfolgreich

Die Wahlkampagne wurde insgesamt gut geführt, die öffentliche Präsenz war sehr ausgeprägt und auf das gesamte Gebiet verteilt, der neu ins Spiel gebrachte Faktor „l’Ape“ hat sicher dazu beigetragen. Erstmals haben wir – Alain Bühler als dessen überzeugtem Schöpfer sei Dank – die Präsenz in den Social Media ausbauen können. Natürlich ist es nicht möglich, den Nutzen zu quantifizieren, aber immerhin war er spürbar und darf nicht unterbewertet werden. Das äusserst intensive Tätigwerden einiger Schlüsselelemente der Kampagne, vor allem jenes von Simone Orlandi, hat zudem eine Reihe von sehr geschätzten Veranstaltungen ermöglicht (abendliche Meetings, Apéritifs, Faktor „l’Ape“).

Eine trügerische Konsensatmosphäre

All dies hat zu einer illusorischen Konsensatmosphäre geführt. Nicht, dass es nicht wahrnehmbar war, nein: Illusorisch war es, zu denken, dass dies zum ersten Mal geschah. Ich bin seit über 20 Jahren bei der SVP und kann Ihnen versichern, diese Konsensatmosphäre regelmässig alle vier Jahre festgestellt zu haben. Und danach kam es – mit Ausnahme des Jahres 1999, als wir uns mit dem Eintritt von Gianfranco Soldati und seinem „Polo della Libertà“ von einem auf drei Sitze verbesserten, und von 2003, als wir unsere Anzahl Sitze verdoppeln konnten – zumeist zu einem Stillstand oder Rückschritt: 2007 = 5 (-1), 2011 = 5 (0), 2015 = 3+2 (-2). Aus diesem Grunde habe ich – vergeblich, wie Kassandra in der Mythologie – all jene vor übertriebenen Hoffnungen gewarnt, die in ihrem grenzenlosen Enthusiasmus vom Gewinn von 8, 10 oder gar 12 Sitzen träumten. Natürlich muss man sich in einer Wahlkampagne optimistisch zeigen und hohe Ziele anvisieren, aber wenn man es übertreibt, zahlt man danach dafür; und sei es nur mit Enttäuschung und Frustration, wenn man wieder auf dem Boden der Realität gelandet ist.

Die zu ziehenden Lehren

Die aus dieser Wahlrunde zu ziehenden Lehren sind somit, dass es – um einen Sitz zu gewinnen, insbesondere für eine kleine Partei – nötig ist, tätig zu werden, sich einzusetzen und sich mit allen Mitteln durchzuboxen. Für schlichte Begeisterungen bleibt kein Raum. Das minimale Ziel von 5 Sitzen und jenes von erhofften 6 Sitzen wurde übertroffen, wir brachten es auf deren 7. Das ist ein grossartiges Resultat, das uns voll befriedigen soll. Wenn wir gut arbeiten, können wir uns für 2023 einen weiteren Schritt vorwärts erhoffen, aber bis dahin gilt es, uns auf die eidgenössischen Wahlen im kommenden Oktober und vor allem auf die Gemeindewahlen von 2020 zu konzentrieren. Gerade mit einer besseren Etablierung in den Gemeinden können wir insgesamt weitere Fortschritte erzielen.

Die EDU zieht in den Grossen Rat ein

Diese von Edo Pellegrini angeführte Partei, die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) unterstützt uns seit Jahren mit nicht wenigen hundert Listenstimmen, die uns wahrscheinlich bereits früher einen Sitzgewinn eingebracht haben. Die Einführung von vier Wahlbezirken – was zur automatischen Zuordnung eines Sitzes an das Mendrisiotto geführt hat – hat bekanntlich die Wahl von Edo Pellegrini gefördert und somit den Eintritt der EDU in den Grossen Rat ermöglicht. Das war eine Art dieser Partei gebührenden dankbaren Anerkennung für die uns von ihr bisher stets gewährten Unterstützung und für deren gewähltem Vertreter, der sich bereits für verschiedene, uns am Herzen liegende Themen wie der Einführung des Staatskundeunterrichts in den Schulen oder das Referendum „La scuola che verrà“ eingesetzt hat.

Die pragmatischen Komplimente…

Ich will dieses Editorial nicht abschliessen, ohne an sämtliche Gewählten und Wiedergewählten meine Komplimente und besten Glückwünsche für ihre künftige Arbeit zu richten: Das sind (in alphabetischer Reihenfolge): Lara Filippini, Tiziano Galeazzi, Piero Marchesi, Sergio Morisoli, Edo Pellegrini, Daniele Pinoja und Roberta Soldati.

…und ein gebührendes Dankeschön

Grossen Dank entrichte ich, nebst an die Wählerschaft und den bereits erwähnten Orlandi und Bühler, an all jene Leute, die sich mit ihrer Kandidatur für den Erfolg der Partei exponiert und mit der Organisation von regionalen und sektionalen Veranstaltungen auf verschiedenste Weise zum Stimmenzuwachs beigetragen haben.

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