Prima i nostri! (Zuerst die Unsrigen!): Wir sind in der Endphase

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Eros N. Mellini

Eros N. Mellini

Editorial

Am kommenden 25. September werden wir, neben anderen Vorlagen, über die Volksinitiative „Prima i nostri !“ (Zuerst die Unsrigen !) abstimmen, die von der SVP Tessin lanciert worden war und mit fast 11’000 Unterschriften zustande kam. Die ersten Versuche seitens der Gegner im Parlament, sie zu torpedieren, erfolgten unmittelbar nach der unumgänglichen Erklärung für das Zustandekommen der Initiative und kurz nachdem die zuständige Kommission die Prüfung der Zulässigkeit des Vorschlags in Angriff genommen hatte. Es wurde der ad-interim-Jurist zu Rate gezogen (Rechtsanwalt Michele Albertini hatte leider vorgängig das Zeitige gesegnet), der in seinem ersten Gutachten als Experte in solchen Sachfragen zum Schluss kam, dass die Initiative gänzlich unzulässig sei. Als damaliges Mitglied der Grossratskommission für Verfassungsfragen und politische Rechte erhielt ich den Eindruck – und sagte dies der Kommission auch, wonach ich mir die Giftpfeile einiger Kollegen einhandelte, die meine Intervention als zu krass erachteten – dass dieser Jurist in Umkehr des Prinzips von Ursache und Wirkung zuerst die Unzulässigkeit der Initiative beschlossen und erst danach nach Gründen für seinen Entscheid gesucht habe. Der Staatsrat hat dann seinerseits ein juristisches Gutachten an Prof. Giovanni Baggini, Ordinarius für Verwaltungs- und Europäisches Recht an der Universität Zürich, in Auftrag gegeben. Wenn die Regierung sich dadurch erhoffte, eine Bestätigung der Meinung des grossrätlichen ad-interim-Juristen zu erhalten, so wurden diese Erwartungen nicht erfüllt. Denn Prof. Biaggini kam zum gegenteiligen Schluss: die Initiative sei zulässig.

 

Nachdem die Frage der Zulässigkeit geklärt war, verblieb den Gegnern der SVP (CVP und FDP) nur noch die Begrenzung ihres Image-Schadens, denn es erschien ihnen zu gefährlich, sich kurzerhand gegen einen Vorschlag zu stellen, der offensichtlich beim Tessiner Volk gut ankam. Wie auch sollte man denn einem konkreten Vorschlag zugunsten der einheimischen Bevorzugung auf dem Arbeitsmarkt und für die automatisch daraus resultierende Bekämpfung des Lohndumpings nicht zustimmen? Das wäre politischer Selbstmord gewesen. Und so wurde ein Gegenvorschlag herbeigezaubert, der angeblich die Anliegen der Initiative aufnimmt, der aber vom praktischen Standpunkt aus keinerlei konkrete Massnahmen vorsieht, um diese umzusetzen und die aufgeworfenen Probleme zu lösen.  

 

Die Initiative ist vollumfänglich konform mit der Bundesverfassung

 

Dass der Bundesrat und die eidgenössischen Räte bisher noch nicht fähig – oder besser gesagt, wegen ihrer bekannten EU-Hörigkeit noch nicht willens – waren, ein Ausführungsgesetz zu erlassen, ist irrelevant: Der Artikel 121a ist seit dessen Annahme durch das Volk am 9. Februar 2014 Verfassungstext. Somit mag die diesbezügliche Ergänzung der Kantonsverfassung zwar die Befindlichkeit der Befürworter des Völkerrechts und/oder des Freizügigkeitsabkommens mit der EU tangieren, aber dessen ungeachtet ist sie nicht verfassungswidrig.

 

 

Eine konkrete Initiative vs. einen rein deklamatorischen Gegenvorschlag

 

Währenddem mit der Initiative den Behörden ein klarer Auftrag erteilt wird (es gilt die Kantonsverfassung um einige Paragraphen zu ergänzen, wonach – wenn der Initiative am kommenden 25. September zugestimmt würde – es dem Staatsrat und dem Grossrat obliegen würde, das entsprechende Ausführungsgesetz zu erlassen), enthält der Gegenvorschlag lediglich einige rein deklamatorische Artikel, die es den Regierenden völlig frei stellen, ob sie nach momentanem Gutdünken etwas tun wollen oder nicht. Während die Initiative Ausdruck des klaren NEINS des Volkes zur Personenfreizügigkeit ist, so wie er am 9. Februar 2014 zustande kam (eine NEIN-Mehrheit, die im Tessin 68,2 % der Stimmen vereinigte), unterordnet der Gegenvorschlag die Umsetzung der Initiative der Rettung der Personenfreizügigkeit.

 

Der gesamte Rest ist blabla. Dass Prof. Biaggini seinem Gutachten einen Kommentar angehängt hat, wonach die Umsetzung angeblich Schwierigkeiten bereiten könnte, ist völlig irrelevant. Die Umsetzungsbeschlüsse werden politisch ausgehandelt werden müssen aufgrund der im gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Mittel und der künftigen Lage. Aber der klare und entschiedene Auftrag zum Handeln wird, wenn verankert in der kantonalen Verfassung, nicht wegzuwischen sein. Mit dem Gegenvorschlag hingegen ist dies nicht der Fall. Paradoxerweise haben seine Befürworter Recht, wenn sie sagen, dass dessen Anwendung keine Probleme verursachen wird: Eben gerade weil der Gegenvorschlag keinerlei Umsetzung vorsieht und einfach nur deklariert, dass das von der Initiative aufgeworfene Problem – d.h. Substitution der einheimischen Arbeitskräfte und Lohndumping infolge der Personenfreizügigkeit – besteht; dies obschon die Gegner der Initiative, solange sie auf einen Misserfolg bei der Unterschriftensammlung hoffen konnten, dieses Problem schamlos abstritten. Der Text der Initiative ist voll und ganz vereinbar mit der Bundesverfassung, der Gegenvorschlag hingegen ordnet den Volkswillen (die Umsetzung des Volksbeschlusses vom 9 Februar) einem Gesetz unter, also auf einer tieferen Stufe mit einem noch völlig offenen Ausgang. Die Annahme der Initiative würde auch auf Bundesebene die Kräfte jener stärken, die für die Aufhebung der Personenfreizügigkeit eintreten und eine Rückkehr zum bis 2002 in Kraft stehenden Einwanderungsregime wünschen, d.h. für eine Wiedereinführung einer selbständigen und EU-unabhängigen Einwanderungspolitik sind. Schon nur deshalb verdient die Initiative unsere volle Unterstützung.

 

Der kantonale SVP-Vorstand hat deshalb einstimmig die folgende Parole gefasst: JA zur Initiative und NEIN zum Gegenvorschlag (es ist dies eine Frage der Logik: Da dieser keinerlei Probleme löst, kann er auch nicht als Verbesserung der gegenwärtigen Lage eingestuft werden). Und äusserst wichtig: Vor allem ist auf dem Stimmzettel bei der Zusatzfrage die Variante Pro Initiative anzukreuzen (dies für den Fall, dass sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag angenommen würden). Denn wir erinnern daran: Wenn sowohl die Initiative als auch der Gegenvorschlag angenommen würden (mit mehr als 50% der Stimmen), spielte es keine Rolle, welche der beiden mehr Stimmen erhalten hat; ausschlaggebend ist dann einzig und alleine das Resultat bei der Zusatzfrage.

 

Misstraut der abgekupferten Scheinlösung! JA zur Initiative und NEIN zum Gegenvorschlag!

 

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