NSA – ein Schweizer Problem ?

Nov 5 • Deutsche Seite • 2508 Views • Commenti disabilitati su NSA – ein Schweizer Problem ?

Hilfe ! Der US-Geheimdienst NSA späht die gesamte Welt aus, bis hin zum Handy von Deutschlands Kanzlerin Merkel, und vielleicht sogar unseren Bundesrat ! Skandal !

 

Die gesamte Welt ist entrüstet, ja entsetzt. Dabei ist die Tatsache der weltweiten NSA-Ausspähungen überhaupt nichts Neues, sondern seit Jahrzehnten bekannt. Da reicht schon ein Blick in das uralte Buch von James Bamford mit dem Titel „NSA – Amerikas geheimster Nachrichtendienst“ aus dem Jahre 1982 (!).

 

Weltweit spionieren tun bei weitem nicht nur die Amerikaner, das tun alle Staaten, die dazu in der Lage sind. Sollte es morgen einen russischen, chinesischen, britischen, israelischen, deutschen, französischen etc. etc. Enthüller „à la Snowden“ geben, würde dies weltweit ebenso bekannt. Spionage ist zusammen mit der Prostitution das älteste Gewerbe der Menschheit.

 

Das jüngste weltweite Hyperventilieren ob dieser evidenten Tatsache erstaunt deshalb, ja es wirkt geradezu grotesk. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die USA informationstechnologisch einen Riesenvorsprung haben und die Aufklärung deshalb besser zu machen vermögen als alle anderen. Das erstaunt auch nicht: So quasi sämtliche internationalen elektronischen Informations-Plattformen sind in amerikanischen Händen. Dazu haben wir ja und amen gesagt.

 

Fazit ist: Jeder Geheimdienst dieser Erde klärt auf, was er nur aufklären kann. Dies nach Massgabe seiner personellen/technischen Möglichkeiten, seiner Aufträge und seiner gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dabei verfolgen die Regierungen der einzelnen Staaten bei der Auftragserteilung an ihre Nachrichtendienste und bei deren personeller und technischer Dotierung einzig und alleine ihre nationalen Interessen. Das gilt nicht nur für die Aufklärung (Spionage) selber, sondern – ebenso wichtig – auch für die Abwehr von feindlichen Ausspähungen (Spionageabwehr).

 

Mittlerweile hat die Empörung über die weltweiten NSA-Aktivitäten auch die Schweiz erreicht. Belegt ist zwar nichts, aber es wäre ja geradezu kurios, wenn der mächtige US-Geheimdienst (und auch der britische, und andere !) gerade die Schweiz als international bedeutenden Finanzplatz von ihren Ausspähungen verschont hätten und weiterhin verschonen würden. Denn die für ihre internationale Spionage heute von den US- (und anderen) Diensten vorgegebene Begründung (die Terrorismusbekämpfung) ist grösstenteils vorgeschoben – in Tat und Wahrheit geht es um viel mehr: Es geht um handfeste Wirtschafts- und Finanzinteressen. Und da ist die Schweiz mit Sicherheit ein äusserst interessantes Aufklärungsziel.

 

Und was tut die liebe und gute Schweiz wieder einmal ? Statt zu versuchen, solcherlei ausländische Spionage durch eine effiziente Spionageabwehr möglichst besser zu verhindern, säht man Zweifel über die Lauterkeit unseres Abwehrorgans, unseres Nachrichtendienstes (des „Nachrichtendienstes des Bundes“ NDB). Statt dafür zu sorgen, dass der NDB die nötigen rechtlichen/personellen Mittel erhält, um uns vor Spionage zu schützen, verdächtigt man ihn vorweg seitens der Linken grundlos der verdeckten Zusammenarbeit mit der NSA *) und möchte dafür gar eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einsetzen. Das ist nicht nur äusserst erstaunlich, sondern völlig unnötig: Denn mit der Delegation der Geschäftsprüfungskommission beider Räte (GPDel) verfügen die eidgenössischen Räte bereits heute über ein sehr wirksames parlamentarisches Instrument, um die Tätigkeit des Nachrichtendienstes zu kontrollieren. Die Mitglieder dieser Delegation erhalten lückenlosen Einblick in sämtliche Tätigkeiten des NDB, ihnen gegenüber gibt es keinerlei Geheimnisschutz-Vorbehalte. Wenn für nötig befunden, ist also dieses Gremium durchaus in der Lage, darüber zu berichten, wie die Dinge beim NDB stehen. Allerdings wäre von ihm zu erwarten, dass es nicht nur stets Ungereimtheiten in unserem Nachrichtendienst anprangert, sondern sich zuhanden von Parlament und Öffentlichkeit auch einmal äussert, um unbegründete Vorwürfe an unseren Nachrichtendienst zu entkräften.

 

Den Gipfel der Unredlichkeit erreichen jene Stimmen, die aufgrund der NSA-Affäre das demnächst im eidgenössischen Parlament zu beratende neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) in Misskredit zu ziehen versuchen. Dieses Gesetz soll dem neu gegründeten NDB eine neue Grundlage verschaffen und sieht einige zusätzliche Aufklärungskompetenzen vor. Diese neuen Kompetenzen sind gerade für die Abwehr vor feindlicher Spionage zwingend nötig. Aber man insinuiert vorweg von linker Seite, damit wolle man aus dem bescheidenen NDB eine Art allmächtige NSA machen. Da lachen ja die Hühner ! In kaum einem anderen vergleichbaren Land sind die Mittel und Möglichkeiten des Nachrichtendienstes derart beschränkt und mehrfach kontrolliert wie in der Schweiz und würden es auch nach Gutheissung des neuen NDG bleiben.

 

Wir Schweizer sollten im Bereich des Nachrichtendienstes nicht denselben Fehler machen wie in jüngster Zeit häufig anderswo: Ständig zugunsten der ausländischen Konkurrenz mutlos und zu unserem eigenen Nachteil zurückzubuchstabieren.

Dr. Rolando Burkhard

Dr. Rolando Burkhard

 

*) Der Autor dieses Artikels war von 1979 – 2003 in leitender Stellung beim Inland-Nachrichtendienst des Bundes tätig. Eine Zusammenarbeit mit der NSA hat es in dieser Zeit nie gegeben. Wie uns Bundespräsident Ueli Maurer unlängst versicherte, ist dies auch heute nicht der Fall. Es besteht überhaupt kein Anlass, an dieser Aussage zu zweifeln. Natürlich muss mit anderen Nachrichtendiensten (auch amerikanischen Diensten wie etwa dem US-FBI) vorweg in Fragen der Terrorbekämpfung zusammengearbeitet werden. Dies geschieht aber ausschliesslich nach bundesrätlichen Zusammenarbeitsvorgaben und streng definierten rechtlichen Kriterien).       

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