Mythen: Wer gewinnt den Luftkrieg um die Deutungshoheit ?

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Rolando Burkhard

Rolando Burkhard

Vorweg in unseren Printmedien erleiden wir derzeitig einen richtiggehenden medialen Tsunami zum Thema Geschichte/Mythenbildung. Irgendwie wird man sich als Leser (aber auch als Hörer und Seher) des sterilen Luftkriegs um die Deutungshoheit der Schweizer Geschichte, von Wilhelm Tell bis General Guisan (mit besonderer Akzentsetzung auf die Jubiläumsereignisse Morgarten 1315,  Marignano 1515 und Wiener Kongress 1815) langsam überdrüssig. Man beginnt die vorweg links inspirierten Historikerdispute als Streit um des Kaisers Bart abzutun.

Doch nichts wäre falscher. Denn es geht den linken Historikern um weit mehr als darum, streng wissenschaftlich nachweisen zu wollen, dass Tells Apfelschuss infolge der damaligen Armbrusttechnologie in der überlieferten Präzision gar nicht erfolgreich sein konnte, oder dass das ihnen ach so tief verhasste Treffen zum eidgenössischen Schwur auf dem Rütli gar nicht möglich war wegen eines im kritischen Zeitpunkt seitens der vierwaldstädtischen Seefahrtsbehörde wegen Sturmwarnung verhängten Schifffahrtsverbots.

Es geht ihnen in Tat und Wahrheit um ganz anderes. Nämlich schlicht und einfach um die systematische Zerstörung von ideologisch nicht genehmen angeblichen Mythen. Dies aber nicht aus rein uneigennützigem wissenschaftlichem Interesse.

 

Es geht den linken Historikerndarum, dass das schweizerische Geschichtsbewusstsein nicht sein kann, was es ihrer Ansicht nach aus ideologischen Gründen nicht sein darf.

Die ihnen missliebige Bildung eines nationalen Selbstbewusstseins aufgrund von nach heutigen wissenschaftlichen Standards nicht einwandfrei feststehenden vergangenen Geschehnissen wird deshalb kategorisch abgelehnt resp. ideologisch bekämpft. Mit derselben wissenschaftlichen Argumentation dürfte man eigentlich heute keinen einzigen Mörder verurteilen, bis ein DNA-Beweis erbracht wurde.

 

Was, wenn der Tellenschuss wider jegliches Erwarten dennoch stattgefunden hätte (sogar für den Top-Historiker Jean-François Bergier war Wilhelm Tell kein „reines Phantasiegebilde“) ?

Die von linken Historikern betriebene Geschichtsklitterung hat Tradition. Das haben wir doch schon alles x-mal erlebt, etwa im Zusammenhang mit der historischen Aufarbeitung der Rolle der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs. Auch damals ging’s, bis hin in die links unterwanderte Bergier-Kommission, doch auch um nichts anderes als um die Zerstörung angeblicher Mythen: Jenes etwa, dass die wehrhafte Schweiz wesentlich dazu beitrug, uns vor einem Angriff Nazi-Deutschlands zu bewahren (politically viel korrekter war halt damals die Darstellung, die Schweiz habe sich nur dank opportunistischer Zusammenarbeit mit dem III. Reich der Einverleibung entzogen).

 

Die nachträglich “historisch“ untermauerte Bedeutungsherabsetzung der schweizerischen Landesverteidigung durch linke Historiker ist symptomatisch. Schliesslich wollte und will man ja die Armee abschaffen.

Die Deutung jedes historischen Geschehens ist zugegebenermassen schwierig. Sich dabei nur darauf zu berufen, was wissenschaftlich nach heutigen Standards beweisbar (und politisch opportun ?) ist, greift zu kurz.

Nehmen wir doch ein Beispiel. Warum hat Nazi-Deutschland denn die Schweiz damals nicht überfallen und einverleibt ? Über die wissenschaftliche Beweisfähigkeit einer Antwort auf diese Frage streiten sich die Gelehrten noch heute. Schauen wir’s doch mal praktisch an: Als die Nazis vorerst gegen England und danach gegen Russland in den Krieg zogen, sangen sie ein Soldatenlied mit dem Text „Die Schweiz, das kleine Stachelschwein, das nehmen wir im Rückzug ein“. Wie war/ist das zu deuten ? Natürlich vordergründig damit, dass man sich in Nazi-Deutschland dafür Zeit nahm, die Schweiz dann später einmal zu überfallen.  Doch der Terminus „Stachelschwein“ manifestiert sehr deutlich, dass man mit einem nicht zu unterschätzenden Widerstand rechnete. Hätte man ein isoliertes kleines Schweizer Schwein ohne Stacheln sofort schlachten können, hätte man es angesichts der Lage (Grossdeutschland im Norden, ihm angeschlossenes Österreich im Osten, besetztes Frankreich im Westen und das faschistisch verbündete Italien im Süden) auch sofort getan. Doch der militärische Aufwand wurde, zumindest für den Moment, als für zu hoch eingestuft, wegen den Stacheln des Schweizer Schweins.

Der damals von unserer Politik, Armeeführung und unseren Soldaten manifestierte Wehrwille hat somit beigetragen, uns vor viel Elend zu bewahren, dies taten nicht die heutigen linken Sofa-Historiker.

Deren Argumentation ist ohnehin an Billigkeit kaum noch zu überbieten. Nach Bekanntgabe der gezogenen Lotto-Zahlen könnte jeder die richtigen Nummern spielen: Nachträglich weiss man’s immer besser (und es ist ja so bequem, das dann stolz hinauszuposaunen). Ich wünsche mir angesichts der gegenwärtigen Situation weiterhin eine Schweiz mit möglichst vielen Stacheln !

Warum untersuchen diese linken Historiker denn nicht vielmehr mit derselben kritischen Akribie die Bedeutung der noch bis kurz vor dem Mauerfall regelmässig stattgefundenen Pilgerreisen prominenter Schweizer SP-Grössen in die DDR mit deren textlich wörtlich überlieferten Lobhudeleien für den damaligen kommunistischen DDR-Diktator Erich Honecker ?

 

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