Ma che poverini… (Teil 2)

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In “Il Paese” vom 5. März habe ich unter dem Titel „Ma che poverini…“ einen Artikel publiziert, in dem ich unsere Jungen ironisch und etwas despektierlich als „arme Kerle“ (Mädchen eingeschlossen) bezeichnet habe, weil sie im Zuge der gegenwärtigen Restriktionen in eine Art Corona-Depression verfallen, da sie für ein paar Monate auf ihre Partys etc. verzichten müssen und deshalb psychologische oder psychiatrische Behandlungen benötigen.

Nun lese ich heute (22.3.) in einer Tageszeitung, dass Kinder wegen Corona-Stress ihre Eltern vermehrt angreifen. Es komme vermehrt zu physischen und psychischen Übergriffen von Kindern und Jugendlichen gegenüber ihren Eltern. Mit einer grossen Zunahme der Fälle, in denen Kinder und Jugendliche gegenüber ihren Eltern Gewalt ausüben. Die Eltern beklagen sich darüber bitterlich.

Vor allem junge Menschen würden wegen den Corona-Massnahmen am meisten depressive Störungen während der Pandemiezeit erleiden, verkündet man erklärend für ihre Gewaltausübung gegenüber den Eltern. Doch diesbezüglich frage ich mich, wer denn in solchen Fällen von häuslicher Gewalt die eigentlichen „poverini“ sind.

Als „poverini“ habe ich am 5.3. jene bezeichnet, die sich zu Unrecht irgendwie benachteiligt fühlen und deshalb aufbegehren: also die Jugendlichen. Aber wenn ich vom gegenwärtigen familiäre Malaise erfahre, frage ich mich, ob denn die eigentlichen „poverini“ nicht vielmehr die Eltern seien. Keineswegs deshalb, weil sie nun zuhause häufiger Opfer kindlicher Gewalt werden. Dies vielmehr weil ich als „poverini“ auch all jene betrachte, die völlig selbstverschuldet in Nöte geraten und sich darüber beklagen: also die Eltern.

Das teils gewaltsame Aufbegehren der Jugendlichen zuhause erstaunt keineswegs. Denn das hat nicht so sehr mit Coronavirus zu tun, sondern vielmehr mit Erziehung.

Man kann Kinder und Jugendliche nicht jahrelang sich selbst überlassen; oder sie verwöhnen, ihnen 365 Tage im Jahr ohne jede Gegenleistung jeden Wunsch von den Augen ablesen, um sich nicht mühsam kritisch mit ihren Anliegen auseinandersetzen zu müssen; darauf verzichten, ihnen Grenzen zu setzen und klare disziplinierende Verhaltensanweisungen zu geben und diese nötigenfalls auch mittels Strafen durchzusetzen; ihnen Vorbild, aber auch Autorität zu sein.

Wer diese Erziehungsfehler begeht, kriegt für dieses Defizit über kurz oder lang die Quittung, wie nun angesichts der Coronavirus-Restriktionen. Dieser Fall ist atypisch: Denn hier können die Eltern ihre Erziehungsprobleme nicht mehr ignorierend oder verwöhnend zuschütten. Das Verbot von Partybesuchen etc. ist staatlich verordnet, das können auch jene Eltern nicht ändern, die ansonsten ihren Kids sofort all das von ihnen Gewünschte leisten. Und so entlädt sich denn die Wut dieser Kids über ihre plötzlich nicht mehr erfüllten Wünsche – soweit sie ihren Frust nicht an illegalen Partys auslassen – auf die armen, im Homeoffice-Zwang zuhause mit ihnen vereinten Eltern. Ma che poverini…

 

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