Keine Sorge, eine «Task Force» wird die Probleme lösen
Editorial
Mit dem – heute missbräuchlich verwendeten – Begriff «Task Force» bezeichnete man einst eine aus verschiedenen militärischen Einheiten (insbesondere der Marine) zusammengesetzte Einsatztruppe, um im Kriegsfall spezifische Operationen durchzuführen. Heute steht der Begriff stellvertretend für eine Gruppe von Experten, die dazu aufgerufen ist, besondere Lagen im Bereich der Politik, Wirtschaft oder anderem zu meistern.
Jedem das Seine
In unserer Bauchnabelschau (sei es auf kantonaler, aber auch kommunaler oder eidgenössischen Ebene) ufert der Begriff «Task Force» infolge mangelnder Kenntnisse der italienischen Sprache oder schon infolge eines reinen, auf Anglizismen ausgerichteten Snobismus, nun aus. Man ruft für jegliches zu lösende Problem «Task Forces» ins Leben, sei es im Dringlichkeits- oder reinen Routinefall. Die jüngste ist jene gegen das Coronavirus – für die man auf Bundesebene, trotz vier zur Verfügung stehenden Nationalsprachen glaubte, auf den pompösen Begriff «Swiss National COVID-19 Science Task Force» zurückgreifen zu müssen; aber der Benennungen dieses Typs gibt es eine ganze Menge: Gegen die häusliche Gewalt, für die berufliche Schulung, für das Klima, für den Kampf gegen das Recycling, und vieles mehr.
Ganz abgesehen von der realen Effizienz dieses – für die Meisterung der Pandemiekrise höchst zweifelhaft operierenden – ad hoc-Organs, gibt es tatsächlich Fälle, in denen der Ernst der Lage die Einsetzung eines solchen Organs erfordert, und das Coronavirusproblem war grösstwahrscheinlich so ein Fall.
Manchmal ist es mehr oder weniger gerechtfertigt…
Tatsächlich ist es so, dass es sich – in Fällen, in denen die Schwere des zu lösenden Problems so gross ist, dass man dessen Lösung nicht den ordentlichen Organen unseres politischen Systems (Regierung, Parlament und Kommissionen) überlassen kann – durchaus rechtfertigt, eine ad hoc-Gruppe einzusetzen. Aber das Problem liegt darin, dass man dies heutzutage für jede Kleinigkeit verlangt. Ebenso wie bei gewissen weitschweifenden Aufrufen zur Einsetzung parlamentarischer Untersuchungskommissionen, haben Forderungen nach Einsetzung einer «Task Force» oft nicht viel mehr als das zum Zweck, aus parteipolitischen Gründen mediale Aufmerksamkeit zu erlangen, und erfolgen nicht, um konkrete Lösungen zu finden.
…und manchmal absolut nicht
Dies ist der Fall, wenn das zu lösende Problem in Tat und Wahrheit von Beginn weg ein aufgeblasenes Nicht-Problem ist. Wenn es sich um einen Fall handelt, den man ganz einfach auf dem Rechtsweg erledigen könnte, den aber die Politik aus reinen Wahlzwecken zu einem sozialen Problem von grösster Bedeutung hochstilisiert hat: Hier spreche ich nun natürlich von der Angelegenheit des autonomen Zentrums der «Molinari».
25 Jahre schuldhafter Toleranz
Die so genannten «Molinari» hätten schon 1996 nach ihrer ersten illegalen Besetzung der Molini Bernasconi zur Verantwortung gezogen werden müssen. Wenn die damalige Regierung mit der nötigen Strenge vorgegangen wäre, befände sich die heutige Regierung nicht in einem Sumpf, aus dem es infolge von zweifelhaften Parteiinteressen schwierig herauszukommen ist. Aber, wie man munkelt, befanden sich seinerzeit unter den illegalen Besetzern auch Jugendliche aus hochangesehenen Luganeser Familien, und mit einer massiven Intervention hätte man diese brüskiert. «Imbarazz, tremend imbarazz» (welch grosse Verlegenheit!) hätte die mytische «Palmita» es kommentiert.
Fest steht, dass das Seilziehen mit der Stadt Lugano seit 25 Jahren andauert. Seit einem Vierteljahrhundert ist Lugano in der Hand von Gewalttätern, die ihre Illegalität mit der Androhung von weitaus schlimmeren Schäden durchsetzen als mit der illegalen Besetzung von gemeindeeigenen Gebäuden, sollte man es wagen, sie von dort zu vertreiben. Mut gezeigt hat das Municipio (Gemeinderegierung), indem sie so vorgegangen ist, wie wir es erfahren haben: Räumung und Abriss eines Teils des Gebäudes «ex-macello», wo sich die «Molinari» eingerichtet hatten.
Eine leckere Gelegenheit für die Gegner dieser Stadtregierung (Municipio)
Um Himmels Willen! Plötzlich wird die Verteidigung einer Handvoll «Gesetzesbrechern» zum aufzugreifenden Thema. Was zählen angesichts der nicht ganz orthodoxen, aber legitimen und vor allem entscheidenden Handlungsweise des Municipio denn 25 Jahre der Illegalität schon? Viel wichtiger sind offenbar Fragen wie: Aber verfügte man denn über eine Abrissgenehmigung für das Gebäude? Wurde der Räumungsbefehl vor oder nach der weiteren illegalen Besetzung eines anderen privaten Gebäudes erteilt? Und wie steht es um den Asbest? Und so weiter.
Ein Strohfeuer?
Ich befürchte sehr, dass das Municipio sich – angesichts der vorsätzlich feindlichen Reaktionen seitens einiger Politiker, die alles Interesse daran haben, nötigenfalls die «billige Empörung» eines Teils der Bevölkerung zu schüren, indem sie die «Molinari» als unschuldige Opfer einer kriminellen Behörde hinstellen – bereits in Angst und Schrecken versetzt wurde über seine vorübergehende Anwandlung von Mut, und dass es versuche, die Dinge rückgängig zu machen.
In diesem Sinne sind denn seine Beteuerungen zur Dialogbereitschaft, die Vorschläge für alternative Lokalitäten etc. symptomatisch. Waren denn die 25 Jahre vergeblicher Diskussionen nicht ausreichend? Dies alles unterstreicht, dass man einer Handvoll heulender Hunde eine Bedeutung zumisst, die sie realistischerweise nicht haben.
Aber keine Sorge, eine «Task Force» wird die Probleme lösen
Als wäre dem allem nicht schon genug, macht man aus einem Nicht-Problem nun eine kantonale Affäre. Es trifft zu, dass bei der letzten «Konvention», welche die «Autonomen» von den überaus ängstlichen Behörden erzwingen konnten, auch der Kanton die Hände mit im Spiel hatte. Aber wenn man damals einen Fehler beging, muss man ihn heute nicht wiederholen. Insgesamt macht man aus einer Angelegenheit, die man bereits vor vielen Jahren auf dem Rechtsweg hätte erledigen sollen, nun mittels Anfragen, Motionen und anderem zu einer Sache, die im Grossen Rat behandelt werden muss. Aus einer Laus, die man gleich zu Beginn aus dem Pelz hätte entfernen können, hat man einen wild gewordenen Elefanten gemacht, den man kaum noch beruhigen kann. Aber keine Sorge, es ist ja schon der Ruf nach einer «Task Force» ertönt!