Inklusion läuft auf gegensätzliche Diskriminierung hinaus

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Eros N. Mellini

Editorial

Seit einigen Jahren spricht man immer häufiger von Inklusion, von Minderheitsrechten, von Rechtsgleichheit und anderen hehren Prinzipien.

Die SP, Verfechterin der Rechtsansprüche

Die Sozialdemokraten sind die Hauptverfechter von Rechtsansprüchen (von Pflichten ist ihrerseits allerdings nie die Rede) und Wortführer der so genannten Inklusion – ein derzeit vielgehörter Begriff – der wirklich oder angeblich von der verdammten kapitalistischen Gesellschaft Ausgegrenzten. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit mobilisieren Partei und Gewerkschaften eine schreiende Horde einiger Hundert – manchmal gelegentlich einige Tausend – Demonstranten; dies, um gegen besagte kapitalistische Gesellschaft zu protestieren, welche sie angeblich unterdrücke und ausgrenze (aber für ihren Unterhalt sorgt, was man tunlichst verschweigt). Diese Haltung ist nicht frei von Widersprüchen, umso mehr als diese Demonstranten recht eigentlich durchaus zufrieden sind, in dieser Gesellschaft leben zu dürfen; in einer Gesellschaft, die sie zwar hassen, die ihnen aber mittels finanzieller Unterstützung und Steuererlässen einen weitaus höheren Lebensstandard ermöglicht als in den rotgrün regierten Ländern.

Die offensichtlichste Widersprüchlichkeit manifestiert sich dieser Tage: Für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga im Bundesrat will die SP als Verfechterin des Antiausgrenzungsprinzips die männlichen Kandidaten ausgrenzen und eine Frauenvertretung durchsetzen, indem man für die Nominierung ein reines Frauenticket vorsieht. Da hat der Zürcher Daniel Jositsch gut daran getan (von Zeit zu Zeit hat auch der eine oder andere Sozialist recht), auf seiner Kandidatur zu beharren und sich damit der Leitung seiner Partei zu widersetzen.

Weitaus mehr als Rechtsgleichheit zu erreichen, sinnt man auf Revanche

Auf internationaler Ebene kämpft man nun bereits seit einigen Jahrhunderten für die Emanzipation und gegen die Ausgrenzung ethnischer, religiöser, kultureller oder anderer Minderheiten. Ein konkretes Beispiel: Die Abschaffung der Sklaverei und der Ausbeutung der Afrikaner sowohl in ihren Heimatländern als auch im Ausland. Das ist ein sakrosanktes Ziel – das von einer weissen Mehrheit unterstützt wird, denn ansonsten hätte man es nicht erreicht – das aber von einigen Fanatikern falsch interpretiert wird. Denn nach drei oder vier Jahrhunderten der Ausbeutung der Dunkelhäutigen darf nicht eine ebenso lange Periode der Ausbeutung der Weissen folgen, wie das gewisse Kreise eigentlich möchten. Dies nicht verstanden als Versklavung der Weissen, was heutzutage undenkbar wäre, aber als finanzielle Ausbeutung – denn im Endeffekt geht es stets ums Geld – auf der Grundlage eines absurden Schuldgefühls, welches die heutigen Generationen wegen des Handlungsweise früherer Generationen ihres Erachtens empfinden sollten.

«Black lives matter» lehrt uns

Ein aussagekräftiges Beispiel dafür ist die amerikanische (aber nunmehr weltweit verbreitete) Bewegung «Black lives matter» (das Leben der Schwarzhäutigen zählt). Entstanden ist sie, nachdem ein Afroamerikaner während einer Festnahme durch die Polizei getötet wurde. Bereits die Wortwahl ihrer Benennung deutet eine Diskriminierung an. Denn warum sollte nur das Leben der Schwarzhäutigen etwas zählen, und warum sollten die Leben der Schwarzhäutigen Grund sein für das Zustandekommen einer Bewegung, die Leben der Weissen jedoch nicht? Wäre das Opfer besagter Polizeioperation weisser Hautfarbe gewesen (und solche Fälle gab es zweifellos auch), hätte wohl niemand daran gedacht, eine Bewegung zum Schutz dieser Rasse zu gründen, und wenn eine solche entstanden wäre, hätte man sie nie und nimmer «White lives matter» nennen dürfen, ohne dafür eine Klage wegen Rassendiskriminierung zu riskieren. Bestenfalls wäre eine Bezeichnung wie «Lives matter» möglich gewesen, denn schon wenn man sie als «Human lives matter» bezeichnet hätte, wäre das wohl seitens radikaler Tierschutzkreise auf Opposition gestossen.

Diese Haltungen erscheint insgesamt recht pervers, sie grenzt an eine einseitige Erpressung seitens von Minderheiten, die nicht mehr nur ihre Emanzipation anstreben – die haben sie, jedenfalls offiziell, bereits erreicht – sondern die Vorherrschaft.

Hinter den Idealismen verstecken sich stets finanzielle Interessen

Die Heuchelei feiert Urständ. Denn unter all den pompösen idealistischen Proklamationen gibt es keinen einzigen Fall, der letztendlich nicht irgendwie finanziell erledigt wurde, sei es in Form von Geldüberweisungen, Verbesserungen der Lebensbedingungen, Arbeitsplatzgarantien oder anderes. Die eine Seite erklärt sich bereit, gegen entsprechende Entschädigungen eine angebliche Diskriminierung zu «verzeihen», die andere Seite knickt aufgrund dieser impliziten Erpressung ein, um noch grösseren Schaden abzuwenden.

Schuldig sind beide Seiten

Das Mehrheitsprinzip ist ein Grundpfeiler jeglicher Demokratie. Und es ist richtig, dass die Mehrheiten in vernünftigem Rahmen auch die Minderheiten berücksichtigen, um ihnen gegenüber nicht durch manchmal tatsächliche und manchmal angebliche Diskriminierung Machtmissbrauch zu betreiben, wogegen man auf mehr oder weniger vernünftige Weise ankämpft. Aber wenn man zur paradoxen Situation gerät, in welcher die Minderheiten über die Mehrheiten Oberhand gewinnen, ist zweifellos etwas schief gelaufen. Minderheiten, die mit ihren Forderungen übertreiben, und Mehrheiten, die ihnen allzu viel zugestehen – beide Seiten sind verantwortlich für die heutige nunmehr ausser Kontrolle geratenen Lage. Um die immer mehr unter Druck kommenden Demokratien wieder ins Gleichgewicht zu bringen, bedürfte es der Verabreichung einer guten Dosis von gesundem Menschenverstand: Dies sowohl an die lärmend aufbegehrenden Massen als auch an die Schichten, welche die Regierung bilden. Aber das ist wohl eine utopische Vorstellung.

 

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