„Gute Nacht, Gessler !“
Humoreske
Einführung: Der einstige Landvogt Gessler und unser Wilhelm Tell schmoren Seite an Seite gemeinsam in der Hölle (Tell wegen seiner seinerzeitigen Verurteilung wegen Todschlags zum Nachteil von Gessler, bestätigt mittels rechtsgültigem Urteil durch den Europäischen Gerichtshof). Beide schauen sie aus der Hölle besorgt hinauf auf die heutige Schweiz.
Gessler: „Da läuft bei euch in der Schweiz ja heutzutage einiges schief. Sorry übrigens für mein damaliges Tun. Ich meine damit die Geschichte mit dem Hut und dem Apfelschuss. Aber ich konnte damals nichts anderes tun. Meine Habsburger Potentaten wollten es so von mir.“
Tell: „Keine Ursache. Sorry übrigens auch meinerseits, dass ich dich dafür umbringen musste. Aber es blieb mir keine andere Wahl. Es war übrigens reiner Zufall, dass ich damals mit meiner Armbrust gleich zweimal ins Ziel getroffen habe. Aber lass uns nicht in vergangenen Erinnerungen schwelgen. Auch ich mache mir Sorgen wegen der Schweiz. Was läuft denn nach deiner Ansicht bei uns heutzutage schief ?“
Gessler: „Nun ja, vorerst nochmals zurück zur Geschichte. Meiner Ermordung hätte es gar nicht bedurft. Der Habsburger Reichsanspruch bei euch wäre über kurz oder lang so oder so zusammengebrochen. Dein Pfeil tut mir heute noch elendiglich weh.“
Tell: „Ach lass doch die Geschichte Geschichte sein. Darum kümmern sich schon mehr als zur Genüge unsere ultralinken Historiker, die kein gutes Haar an unserem damaligen Tun belassen. Komm endlich zur Aktualität. Was läuft denn bei uns derart schief ?“
Gessler (verlegen): “Nun also gut, wie du willst. Siehst du, eure heutigen Schweizer Handlanger der europäischen Grossmacht EU sind im Begriffe, dieselben Fehler zu begehen wie ich damals. Und ich möchte ihnen ein ähnliches Schicksal wie das meine ersparen.“
Tell: „Heute gehört es hierzulande nicht mehr so zum guten Ton, volksferne Politiker gleich umzubringen. Das wäre „politically not correct“. Zudem drohte ein weiteres Urteil aus Brüssel, Strassburg, Luxemburg oder von sonst irgendwo her wegen EMRK-Verstosses. Aber sage mir endlich, was oder wen du eigentlich meinst. Was läuft denn bei uns derart schief ?“
Gessler: „Nun ja, lieber Wilhelm, Ihr habt ja bald Bundesratswahlen, und ich möchte mich nicht einmischen. Ich finde aber doch, dass Ihr dabei etwas vorausschauend entscheiden solltet. Das wäre für alle besser.“
Tell: „Will heissen ?“
Gessler: „Ich meine punkto EU zum Beispiel. Das ganze EU-Euphorieprojekt ist ja am kippen. Lediglich noch Ihr Schweizer, als einzige in Europa, glaubt daran, und meint, euch per Rettungsboot auf das sinkende Schiff retten zu müssen. Das ist absurd. Ihr wollt euch zwecks Vorbereitung des EU-Beitritts vorsorglich automatisch an das EU-Recht anbinden ? Dann viel Glück. Ihr werdet in Europa die einzigen sein, die dieses Recht auch beachten. Alle anderen kümmern sich keinen Deut darum.“
Tell: „Ich weiss, du leidest noch heute an einem Trauma wegen der damaligen Geschichte in der Hohlen Gasse und meinem Pfeil. Und du möchtest nicht, dass deinen Schweizer Nachfolgern (-innen) ähnliches geschieht. Ich garantiere dir, wir bleiben „cool“. Aber was um Himmels Willen sollen wir denn tun ?“
Gessler: „Nun ja, macht’s nicht falsch wie wir damals bei den Habsburgern, und wie es heute in der EU gemacht wird. Entscheidet nicht eigenmächtig auf der Ebene von ein paar wenigen politisch beeinflussbaren politisch Mächtigen, sondern hört auf das Volk und folgt ihm. Und sendet entsprechende Signale eures Volkes auch an die anderen Völker Europas, damit sie gleiches tun. Denn nur so ist Europa (mit einer neuorientierten EU oder auch ohne) zu retten. Und noch etwas: Wählt in eure Landesregierung nur Leute, die den Volkswillen auch wirklich respektieren und vertreten, denn sonst läuft’s schief.“
Tell: „Vielen Dank, Gessler, ich glaube ich habe dich verstanden. Sprichst du mit Juncker ? Ich meinerseits werde trotz Höllenhitze versuchen, die Fraktionspräsidenten unserer Parteien per Handy zu erreichen, bei den derzeitigen Bundesräten (-innen) bringt’s ohnehin nichts. Hoffentlich gelingt’s.“
Gessler: „Also, gute Nacht, Willi, viel Glück !“.
Tell: „Gute Nacht, Gessler, vielen Dank”.
Ronco
Ronco