Ein weiterer Schritt in einer selbstmörderischen Politik
Editorial

Seit den Tagen, als sich die Politik mit den Problemen der Bevölkerung befasste…
Ein Grund mehr, sich mit Nostalgie an die gute alte Zeit zu erinnern. Als sich die Probleme der Politik noch auf das eigene Volk, respektive die Gemeinden, die Kantone und den Bund beschränkten. Der Bau von Strassen und Spitälern, ein ausgezeichnetes Bildungssystem für die Jungen und eine gute soziale Absicherung für die Älteren, die Sicherstellung der Landesverteidigung und des Zusammenhalts durch eine starke und effiziente Milizarmee und viele andere innenpolitische Themen hatten Priorität. Und vielleicht hatten unsere Politiker keine Zeit, sich um den Planeten zu kümmern, dem es, unter uns gesagt, ohnehin gut ging.
… zur heutigen Priorität planetarischer Umwelt- und Ökologiefragen
Im Grunde genommen hat die europäische Politik in den 80er Jahren mit dem politischen Aufstieg der Grünen in Deutschland, angeführt von dem rot-grünen und 68er (schlimmer geht’s nicht) Joschka Fischer, begonnen, der Umwelt und der Ökologie immer mehr Gewicht zu geben, was zu einem regelrechten Fundamentalismus geführt hat, der heute leider im gesamten Westen verbreitet ist. Und ich spreche vor allem vom Westen, weil der Osten – der übrigens auch ein Teil der Erde ist, auf der wir leben – sich einen Dreck um die Umweltverschmutzung schert, weil er noch mit weitaus schwerwiegenderen Problemen zu kämpfen hat, die wir (angesichts der Folgen sollte man «leider» sagen) inzwischen ganz oder teilweise überwunden haben. Vom totalen Desinteresse sind wir in vierzig Jahren ins entgegengesetzte Extrem übergegangen, so dass weitaus wichtigere Probleme für die Bürgerinnen und Bürger – allgemeiner Wohlstand, gerechte Löhne, Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, soziale Sicherheit (in diesem Fall die AHV), Krankenkassenprämien usw. – vernachlässigt werden und ungelöst bleiben, geopfert auf dem Altar eines absurden, morbiden und utopischen Ökologismus. Die Selbstgeisselung für angebliche Verfehlungen gegenüber dem Planeten ist in Mode gekommen. Amen, wenn es nur um die Selbstgeißelung ginge, aber nein, es geht um die Geißelung der anderen, d.h. all jene Ungläubigen, die nach der neuen Umweltreligion schuldig sind, das Wohl ihrer Familie über das der Erde zu stellen.
Ein weiterer Schlag auf die Eier
Die Abstimmung über das Klimagesetz am 18. Juni war ein weiteres Eigentor dieser neuen Religion, die inzwischen alle Gesellschaftsschichten infiziert hat und in allen Parteien Anhänger findet. Die Schweizer haben enorme Kosten und Opfer in Kauf genommen, um durch eine noch stärkere Reduzierung ihrer lächerlichen 0,01 % der Emissionen zur Rettung eines Planeten beizutragen, auf dem China, Indien und die USA, die zusammen 50 % der Emissionen verursachen, problemlos koexistieren.
Die von der SVP befürchteten Folgen waren so gravierend, dass sie nicht geglaubt wurden
Seltsamerweise hat ein Volk, das bereit ist, alles zu glauben, was erfunden wurde, um es zu erschrecken (Covid 19, globale Erwärmung und Klimawandel – kurz gesagt, der vom Menschen verursachte Weltuntergang – der Dritte Weltkrieg und andere solche abstrakten Annehmlichkeiten), den Argumenten des Referendumskomitees nicht geglaubt, das weitaus unmittelbarere und konkretere Folgen für das Wohlergehen und den Lebensstandard unserer Bevölkerung befürchtete.
Diese Folgen – von den Referendumsbefürwortern pünktlich angeprangert – waren (sind und werden sein) so enorm, dass sie unglaublich sind. Eine Tirade der SVP. 6’000 Franken Mehrkosten pro Jahr und Kopf? Übertrieben! Wirklich? Schade, dass die Zahl durch eine Studie des Polytechnikums Zürich untermauert wurde. Und dass aus den von Doris Leuthard im Abstimmungskampf zum Energiegesetz 2017 versprochenen 40 Franken mehr pro Haushalt und Jahr für die Heizung inzwischen als böses Omen bereits mehrere hundert geworden sind. Doch offenbar haben das Parlament zuerst und das Stimmvolk heute die bewusste und rücksichtslose Lüge der damaligen Bundesrätin entweder nicht bemerkt oder vergessen. 17 neue Pumpspeicherkraftwerke in der Grösse von Grande Dixence, rund 5000 Windräder und 70 Millionen Quadratmeter zusätzliche Photovoltaikanlagen. Das sind Zahlen, die für den Normalbürger nur schwer verdaulich sind, und so war es ein Leichtes, ihn von ihrer angeblichen Unzuverlässigkeit gegenüber den – wenn auch verlogenen – Behauptungen der Behörden zu überzeugen.
Die neue Kassandra SVP
Der griechischen Mythologie zufolge hatte Kassandra, die Tochter des Priamos, des Königs von Troja, von Apollo die Gabe der Voraussicht erhalten. Da sie sich aber weigerte, sich zu revanchieren, indem sie den sexuellen Gelüsten des Gottes nachgab, wurde sie von diesem dazu verdammt, niemals geglaubt zu werden. Ich weiss nicht, von wem sie die Gabe der Voraussicht erhalten hat – vielleicht ist es eine logische Folge der Absurdität gewisser eidgenössischer Politiken – aber in der Schweizer Mythologie gehört diese Rolle offenbar der SVP.
Es ist bedauerlich, dass wir alle den Preis für diese selbstmörderische Politik zahlen müssen, unabhängig davon, wie wir abgestimmt haben. Das ist das Gesetz der direkten Demokratie, und wir müssen es akzeptieren. Aber die Bitterkeit in unserem Mund bleibt.