Ein ungutes Gefühl am Sonntagmorgen
Es ist ein Ritual, das sich jeden Sonntag wiederholt: Auf meinem Morgenspaziergang nehme ich gleich beide Zeitungen mit, die auch im Maggiatal rechtzeitig mit Neuigkeiten aufwarten. Im „Caffè“ finde ich eine breite Palette an Themen, von gesunder Ernährung bis zur Budgetplanung für Familien. Die Zeitung will offenbar Antworten auf Fragen geben, die die Mehrheit der Bevölkerung interessiert, Politisches hingegen steht eher im Hintergrund. Nicht so im „Mattino“, der Zeitung mit den vielen „k“ in italienischen Wörtern und den zahllosen Schimpfnamen: Diese Sonntagszeitung fällt schon äusserlich mit ihren Fotomontagen von kantonalen und eidgenössischen Politikern auf. Als Deutschschweizer kann ich bei der Lektüre eine Reihe von Dialektausdrücken lernen. Ob es allerdings die Worte sind, die ich wirklich brauche, daran zweifle ich. Was mir aber bei der Lektüre immer wieder in die Augen sticht: Die Zeitung fällt jeden Sonntag über unser südliches Nachbarland her. Keine Seite, auf der nicht mit drastischen Worten Italien als finanziell und politisch gescheitertes Land dargestellt wird. Mit dieser Haltung hat es die Lega im vergangenen Jahr fertiggebracht, die Tessiner soweit zu bringen, dass sie in der Volksabstimmung den Kredit für eine würdige Präsentation unserer Tessiner Wirtschaft und unserer touristischen Angebote an der kommenden Weltausstellung in Mailand ablehnten. Wir stopfen den Italienern doch kein Geld in den Rachen, die EXPO ist ohnehin zum Scheitern verurteilt und ob sie überhaupt eröffnet wird, stehe noch in den Sternen. Dies waren die immer wieder eingehämmerten Argumente.
Unterdessen stehen die Pavillons der meisten Länder auf dem Ausstellungsgelände nördlich von Mailand kurz vor der Vollendung. Acht Millionen Eintrittskarten sind bereits verkauft, die doppelte Anzahl wird in den nächsten Monaten noch dazu kommen. Die Städte Zürich, Bern und Genf haben vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass sie – im Gegensatz zum Tessin – mit einer ganzen Reihe von Programmen während der ganzen Ausstellung in Mailand vor Ort sein werden. Den Tourismusverantwortlichen aus dem Tessin hingegen stehen nur wenige Mittel zur Verfügung um beim grossen Treffen wenige Kilometer von unserer südlichen Grenze darauf hinweisen zu können, dass wir als „Hinterland“ von Mailand, ein Stück Schweiz mitten unter den oberitalienischen Seen, eine ganze Menge zu bieten haben.
Es erstaunt, dass die Lega so grosse Schwierigkeiten hat, Projekte gemeinsam mit Italien anzupacken. Stattdessen wird das Feindbild des italienischen Grenzgängers aufgebaut. Warum Probleme grösser machen als sie sind? Eine politisch sinnvolle Lösung für die offenen Fragen hat die UDC Ticino skizziert: Bei der Einstellung von Arbeitskräften in unserem Kanton müssen unbedingt einheimische Fachleuten den Grenzgängern vorgezogen werden. Aber mit Tessinern kann die hiesige Wirtschaft längst nicht alle freien Posten besetzen. Wir sind einfach auf die Grenzgänger als Ergänzung zu einheimischem Personal angewiesen. Warum also die Abneigung gegen unsere Nachbarn jenseits der Grenze, die doch nur mit helfen, die hiesige Wirtschaftskraft zu stärken? Haben die Lega-Politiker etwas zu verbergen? Wollen sie mit dem permanenten Hinweis auf das gescheiterte Italien davon ablenken, dass die Finanzen auch bei uns im Tessin mittlerweile arg in Schieflage geraten sind? Wollen sie mit den spöttischen Berichten über die Schnellbahn Richtung Flughafen Malpensa, die nach Stabio auf italienischer Seite noch nicht vollendet worden ist, davon ablenken, dass wir nicht im Stande sind, eine auch in Stosszeiten funktionierende Strassenverbindung von Bellinzona nach Locarno zu erstellen? Gemeinsam mit den ans Tessin angrenzenden Gebieten könnten wir eine der stärksten Wirtschaftsregionen Europas sein. Auch unsere italienischen Nachbarn wünschen sich weniger Brüssel, Rom und Bern, dafür mehr regionale Zusammenarbeit. Das ist keine neue Idee: Irgendjemand hat dieser Region mit riesigem Potential vor Jahren einmal den Namen Insubrien gegeben: Das Tessin, Como, Varese, Novara und das VCO könnten am gleichen Strick ziehen…
Urs von der Crone
Präsident ds-SVP Tessin
Ds-SVP Tessin: Veranstaltungshinweis
Ab März finden die regelmässigen Treffen der ds-SVP Tessin wie folgt statt:
Am 1. Mittwoch des Monates im Hotel Ristorante „Ticino“ in Ascona, ab 11.30 Uhr und
am 3. Samstag des Monates im Hotel Ristorante „Delfino“ in Lugano, ab 11.30 Uhr. Anmeldung bitte an: ds-svp-tessin@bluewin.ch
Die Mitglieder der ds-SVP Tessin freuen sich in einem Wahljahr ganz besonders darüber, wenn Politiker der UDC Ticino, der Area Liberale und der EDU bei unseren Treffen dabei sind und das Gespräch mit den Deutschschweizer Stimmbürgern im Tessin suchen.
« Bunga-Bunga italo-svizzero Una sgradevole sensazione la domenica mattina »