Ein Küchenchef vs. den politischen Minestrone ?
Warum nicht ein vom Volk gewählter Bundespräsident als 8. Bundesrat ?
Kaum je waren Volk und Parlament dermassen unzufrieden mit dem Wirken unseres Bundesrats. Untätigkeit, Führungsschwäche, Fehlentscheide, allzu departementales bzw. polit-egozentrisches Denken, Mangel an Gemeinsinn zum Wohle des Landes etc. sind die Hauptvorwürfe. So falsch liegt man mit diesen Vorwürfen nicht. Unsere Landesregierung erscheint derzeit schon etwas als eine Küche, in der jeder Koch bzw. jede Köchin irgendwie sein/ihr eigenes Süppchen kocht. Daraus resultiert ein politischer Minestrone, dem wichtige Zutaten fehlen oder zu dominierend beigegeben werden, und der entweder zu fade oder zu versalzen ist. Irgendwie fehlt’s an einem Gesamtmenu, an guten Rezepten und einem Chefkoch, der sagt, wo’s in der Küche lang gehen soll. Das besorgt sehr.
Woran liegt es, dass die führungslosen 7 Bundesköche derzeit nichts Geniessbares zuzubereiten vermögen ? Am Fehlen eines kundengerechten Menus (= Fehlen eines verbindlichen Regierungsprogramms), an als zu pfeffrig empfundenen und deshalb refüsierten Ingredienzen (Resultate gewisser Volksabstimmungen), an äusserst unklaren Kundenwünschen (opportunistisch wechselnde Mehrheiten im Parlament), an der personellen Zusammensetzung des Küchenpersonals (der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrats) oder des Fehlens eines eigentlichen Chefkochs (eines eigentlichen politischen Leaders der Regierung) ?
Klar ist jedenfalls, dass man mangels interner Direktiven (im Inland weiss man nicht, was man will) eher ausländische Direktiven (dort weiss man genau, was man von uns will) gehorcht. Da entsteht von innen zu wenig Druck, der dann vom Ausland (EU, USA, etc.) in umso grösserem Masse erfolgt, und dem man dann mitunter gar zu bereitwillig nachgibt.
Was tun mit so einem Bundesrat ? Ihn anders zusammensetzen, anders wählen (die Volkswahl durch das Volk wurde abgelehnt), die Anzahl Bundesräte auf deren 9 erhöhen (die Idee wurde ebenfalls verworfen, die Diskussion aber neu lanciert) ? Die Regierungsreform – die bisher stets Schiffbruch erlitt und sich nur in kosmetischen Erwägungen (mehr Staatssekretäre, Dauer der Präsidentschaft) erschöpfte – neu lancieren ? Aber wie ? Ich hätte eine Idee. Sie ist revolutionär, ja äusserst provokativ. Vielleicht lohnt es sich gleichwohl, darüber nachzudenken. Die wäre:
Wir bleiben bei den sieben vom Parlament gewählten Bundesräten, erweitern jedoch das Regierungsgremium um einen vom Volk gewählten Bundespräsidenten, da wären’s dann in der Landesregierung neu 8 bzw. 7+.
Während die bisher 7 Bundesräte dem Parlament verpflichtet bleiben, ist es der Bundespräsident gegenüber dem Volk, von dem er gewählt wird. Er führt kein Departement und ist allenfalls Chef der Bundeskanzlei (allerdings könnte man die Bundeskanzlei, zusammen mit einigen Querschnittsdiensten wie den Nachrichtendienst des Bundes, auch zu einem eigentlichen Präsidialdepartement umwandeln). Er vertritt die Regierung nach innen und aussen. Er stimmt im Bundesrat ab (insgesamt also 8 Stimmen) und hat bei Stimmengleicht den Stichentscheid. Da vom Volk gewählt, stimmte er im Falle von Gegensätzen für Volksentscheide gegen Parlamentsentscheide. Da vom Volke gewählt, käme ihm ein hohes Prestige zu.
Er wäre alle 4 Jahre – so wie die anderen Bundesräte – wieder zu wählen, aber jeweils nicht vom Parlament, sonder eben vom Volk.
Er (sie) wäre insgesamt eine Art moralische Instanz, eine Integrationsfigur mit mehr oder weniger den Kompetenzen der heutigen turnusgemässen Bundespräsidenten, also eine Art (allerdings mitregierender) Bundespräsident à la Deutschland, und nicht ein Kanzler (à la D), Premierminister (GB) oder Staatspräsident (F, USA etc.).
So ein Bundespräsident würde dennoch zu einer politisch wichtigen Figur, also kommt es sehr darauf an, wie man ihn wählt. Vom Volk, wie gesagt. Aber wie ? Es müsste so geschehen, dass er intern von den Kantonen und Landesteilen als Autorität anerkannt wird. Eine reine gesamtschweizerische Majorzwahl würde aufgrund der Stimmkraft der grossen Deutschschweizer Kantone dazu führen, dass ein lateinischer Kandidat keine Chance hätte, ja auch kleine Deutschschweizer Kantone hätten keine Chance, je den Bundespräsidenten zu stellen. Deshalb empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
Der künftige Bundespräsident würde wie folgt gewählt:
Jeder Kanton wählt anlässlich der Nationalratswahlen alle 4 Jahre einen Kandidaten fürs Bundespräsidentenamt. Daraus resultieren 26 Kandidaten, die sich sodann einer gesamtschweizerischen Volkswahl nach einem Majorzsystem sui generis stellen. Nämlich nach dem Nationalratsprinzip (d.h. nach Massgabe der Anzahl Nationalräte pro Kanton, nur umgekehrt), will heissen: Der Kandidat des Kantons Zürich, dem Kanton mit der höchsten Anzahl Nationalräte (34) erhielte 1 Stimmquote. Ein Kandidat aus einem Kanton mit 17 Nationalräten deren 2, bis hin etwa zum Kanton Uri, mit einem einzigen Nationalrat, deren 34. Damit hätten alle kantonalen Kandidaten die gleiche Chance. Und es läge dann an jedem kantonalen Kandidaten (bzw. der Partei, welcher er angehört), auch in den anderen Kantonen um Stimmquoten zu kämpfen. Sicher wäre das aufwendig. Aber damit würde einem der Haupteinwände gegen die Volkswahl des gesamten Bundesrates (dass nämlich sämtliche 7 dauernd Wahlkampf betrieben) entgegengewirkt. Einen eidgenössischen Wahlkampf hätte nur der Präsident (der selber kein operatives Departement leitet, sondern „nur“ der Bundeskanzlei+ vorsteht) zu führen, und das wäre gut so. Denn – wie gesagt – es sollte sich bei ihm denn auch um eine gesamtschweizerisch akzeptierte Person handeln. Wenn sie überzeugt, würde sie nach 4 Jahren wieder gewählt, wenn nein kann sie das Volk problemlos abwählen.
Die Idee ist revolutionär und noch keineswegs in den Details ausgedacht. Aber vielleicht würde deren Diskussion etwas Bewegung in eine festgefahrene Diskussion um die Reorganisation einer unter Dauerdruck stehenden Landesregierung bringen.
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