Aber was denn, er ist ja unverbindlich!
Editorial
„Pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) besagt ein Grundprinzip des Rechts, auf das Bundesberns EUhörige Politiker überaus gerne zurückgreifen, wenn sie verfassungswidrige oder durch eine nota bene völlig legal zustande gekommene Verfassungsänderung – mittels Entscheid des Souveräns (Mehrheit von Volk und Ständen in einer Volksabstimmung) verfassungswidrig gewordene internationale Verträge – durchsetzen wollen. Anscheinend ist der Bundesrat jedoch der Ansicht, dass dieses Prinzip „à la carte“, d.h. obrigkeitlich – und für uns willkürlich – angewendet werden dürfe, wenn es darum geht, einen Volksentscheid zurückzuweisen, hingegen nur unter tausend Vorbehalten, wenn es um eine weitere Etappe der systematisch angestrebten Reise in Richtung des von einer gewissen „classe politique“ ersehnten EU-Beitritts geht.
Der Migrationspakt der UNO
Die jüngste Kreation dieser überflüssigen Organisation, welcher das Schweizer Volk, wohl aus geistiger Erschöpfung, 2002 unglückseligerweise beitrat (1986 betrug das NEIN zum Beitritt 75,5 %, 1994 gab es noch ein NEIN von 57,2 % zur UNO-Blauhelmvorlage) ist der so genannte Migrationspakt, der de facto den freien Personenverkehr weltweit einführen will. Der Bundesrat hatte seine Absicht erklärt, diese Konvention im Dezember anlässlich einer intergouvernementalen Konferenz in Marokko unterzeichnen zu wollen. Dies, als wären nicht schon die negativen Folgen für die Schweiz schlimm genug, die uns das auf die EU beschränkte Personenfreizügigkeitsabkommen bereitet, weil man unbekümmert – und dies wiederholt, angesichts der Nichtumsetzung der Masseneinwanderungsinitiative – den Artikel 121a der Bundesverfassung missachtet hat, welcher eine autonome Lenkung der Einwanderung vorschreibt.
Steht unser Botschafter bei der UNO in den Diensten des EDA oder der UNO?
Der Presse entnehmen wir, dass der Vertragstext dieses UNO-Abkommens vom Botschafter der Schweiz bei der UNO in New York, Jürg Lauber, erarbeitet wurde, gemeinsam mit seinem mexikanischen Pendant Juan José Gomez Camacho, und dies im Auftrag des Präsidenten der UNO-Generalversammlung erfolgte. Da kommt spontan die Frage auf: Stehen denn unsere – von uns bezahlten – Diplomaten in den Diensten des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) oder in jenen der UNO? Denn wenn es zutreffend ist, dass die Schweiz von Zeit zu Zeit turnusgemäss aufgerufen ist, die eine oder andere internationale Organisation zu präsidieren, wird diese Funktion von einem Schweizer Bundesrat oder einem Beamten der Bundesverwaltung ausgeübt (so zum Beispiel durch Didier Burkhalter, seinerzeit an der Spitze der OSZE), und dies erfolgt mittels eines Mandats der Eidgenossenschaft und nicht aufgrund eines autonom erteilten Auftrags der betreffenden Organisation. Es ist deshalb für uns kaum glaubhaft, dass Herr Lauber diesen Auftrag ohne die Zustimmung des Vorstehers des EDA angenommen hat. Somit sei uns ein Zweifel erlaubt an der Eignung unseres gegenwärtigen Aussenministers für seine Funktion, aber auch am Gesamtbundesrat, der dessen Tätigkeit absegnet. Dass ein hoher Bundesbeamter dazu aufgefordert werde, einen im Widerspruch zur schweizerischen Bundesverfassung stehenden Text zu redigieren, erscheint uns schlechthin paradox.
Aber er ist ja ohnehin unverbindlich…
Erklärtes Ziel des Paktes ist es, „eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ zu garantieren, was den Migranten erlaubt, einfacher in die Länder ihrer Wahl zu gelangen, ungeachtet ihrer Qualifikationen, ihrer Motive und anderer Umstände. Einige Details darüber, was die Umsetzung der im Text aufgeführten Prizipien konkret bedeutet, wurde von geneigten Lesern des Textes bereits publik gemacht. Zum Beispiel Sprachunterricht für Migranten in den Herkunftsländern auf Kosten ihrer Zielstaaten, freie Wahl der Zielstaaten für jedermann weltweit, Integrations- und Unterstützungszwang etc. Letztendlich werden wir weit mehr zahlen müssen als heute – und schon jetzt is das zu viel – und es verbleibt uns nicht mehr einmal der kleine Trost, gesetzwidrige Migranten als „Illegale“ zu bezeichnen, weil die Einwanderung insgesamt als legal erklärt werden soll.
Aber kehren wir auf den Titel dieses Artikels zurück. Im totalen Chaos, in welches der Bundesrat aufgrund der unmittelbar aufgekommenen Opposition gestürzt wurde (für einmal nicht nur infolge der Opposition der SVP, sondern sogar jener der mit dem Studium des Dossiers beauftragten Staatspolitischen Kommission des Nationalrats, und weil immer mehr Staaten ankündigen, den Pakt nicht unterzeichnen zu wollen), hat sich eben dieser Bundesrat damit heraus geredet, dass der Pakt „nicht verbindlich“ sei, dass es sich nur um „soft law“ handle. Dieser englische Begriff bedeutet wörtlich „weiches Recht“, d.h. flexibel anwendbares Recht, aber uns scheint sich dahinter die Absicht zu verstecken, uns alle möglichst schmerzlos sodomisieren zu wollen. Denn: Wenn der Pakt unverbindlich ist, warum dann diese Begierde, ihn zu unterzeichnen? Gedenkt man wirklich, uns glaubhaft machen zu können, dass man sich nicht schon morgen auf den UNO-Migrationspakt als „höheres Recht“ berufen wird, um sämtliche Absurditäten zu begründen, die sich heute Simonetta Sommaruga, aber morgen irgend ein anderer linker Bundesrat punkto Menschenrechte ausdenkt?
Die Ruhe vor dem Sturm
Aufgrund des oben erwähnten internen und externen Drucks hat der Bundesrat entschieden, die Unterzeichnung des Paktes bis nach dessen Beratung im Parlament zurückzustellen. Dies ist eine erfreuliche Nachricht, aber aufgepasst: Die Regierung behält sich dennoch vor, selber endgültig darüber zu entscheiden. Anders gesagt: Liebes Parlament, diskutiere darüber soviel du willst, aber letztlich werden wir als Bundesrat den Pakt, wenn wir es wollen, dennoch unterzeichnen. Das ist eine unangebrachte Arroganz, die – würde sie von einem Direktor gegenüber des Verwaltungsrats seines Unternehmens in gleicher Weise an den Tag gelegt – dessen unmittelbare Entlassung zur Folge hätte. Und alles in allem kann die Schweiz sinngemäss durchaus verglichen werden mit einem grossen Unternehmen, mit Volk und Ständen als Aktionären, den eidgenössischen Räten als Verwaltungsrat und dem Bundesrat (der ja deshalb auch als „Exekutive“ bezeichnet wird) als Geschäftsleitung, welcher die Direktiven des Parlaments zu befolgen und nicht ihm diese vorzugeben hat. Aber vielleicht ist auch dies wieder ein weiterer Schritt hin zu einer von Teilen Bundesberns angestrebten Umkehr der politischen Rollenverteilung, obschon man dort solcherlei Bestrebungen natürlich kategorisch abstreitet.
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